Gestalttherapie geht davon aus, dass etwas, das in der Gegenwart als hinderlich oder blockierend erlebt wird, eine Verhaltensweise bzw. das Ergebnis einer Verhaltensweise ist, die in der Vergangenheit eine (sehr) gute und angemessene Lösung für ein Problem gewesen ist.
Diese Haltung würdigt das, was im Moment als belastend erfahren wird und ermöglicht gerade durch die Würdigung dessen was ist, Veränderung. In der Gestalttherapie wird dies das Paradox der Veränderung genannt (Arnold Beisser). Etwas salopp formuliert: Akzeptiere, wie du jetzt bist und was jetzt ist - werte es nicht ab und versuche nicht, dich zu verbessern - und Veränderung wird sich von selbst ergeben.
Das ist sehr viel leichter gesagt, als getan. Denn meistens möchten wir das, was uns stört, los werden und bemerken auch nicht, wenn wir abschätzig über uns selbst (und andere) denken.
Gestalttherapie legt daher großen Wert auf die Einübung von Achtsamkeit und Gewahrsein:
Zu lernen, bewusst wahrzunehmen, was wir sehen, hören und fühlen; darauf zu achten, wie wir uns bewegen und wie sich unsere Gedanken formen; zu üben unsere Umwelt klar und unverstellt wahrzunehmen, eröffnet die Möglichkeit der Wahl.
Wir erleben uns nicht mehr als ausgeliefert an ein „so-bin-ich-nun-mal“, sondern können eine andere Weise, uns zu verhalten, wählen und damit neue Erfahrungen machen.
Das alles geschieht im Hier und Jetzt der Situation von Begleitung und Beratung. Gestalttherapie geht davon aus, dass die Vergangenheit abgeschlossen und die Zukunft noch nicht ist – nur die Gegenwart steht unserem Zugriff offen. Deshalb ist der Ausgangspunkt der Arbeit in aller Regel die Gegenwart (Was beschäftigt mich jetzt ?) und die Beratungssituation selbst, denn in dieser aktualisiert sich jeweils unser ´Ich´ mit all seinen Vorlieben und Stärken, Zweifeln und Selbstabwertungen. Und in dieser Gegenwart ist Begegnung möglich, die im besten Fall eine Erfahrung der (Selbst-) Annahme erlaubt, aus der neue Verhaltensweisen erwachsen.